Donnerstag, 16. Oktober 2014

Prozessbericht vom 16.10.2014

Der heutige Prozesstag begann mit einem Beweisantrag von B.´s Verteidigerin: diese wünscht die Observationskräfte der Polizei zu laden, da sie bezüglich Art und Umfang der Observation B.´s Rückfragen habe, die bislang im Prozess noch nicht erschöpfend beantwortet werden konnten. Nach kurzer Beratung wies die Kammer die Antragstellerin darauf hin, dass man das heute nicht entscheiden wolle, der Tenor aber eher in die Richtung geht, den Antrag wegen fehlender Relevanz abzulehnen. Am nächsten Verhandlungstag soll darüber endgültig entschieden werden.

Nun wurde der erste Zeuge in den Gerichtssaal gebeten. Es handelt sich um Herrn K., einem Mithäftling von B., dem er seine Taten ausführlich schilderte. K. wurde in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der 34Jährige sitzt derzeit in der JVA Geldern in Haft, zuvor war er, wie B., im Block 6 der JVA Bielefeld einsässig.

K. schilderte, dass er B. Ende April 2014 in der JVA kennengelernt habe. Er sei auf ihn aufmerksam geworden, als er in einem TV-Bericht vom Mordfall Dano erfuhr, in dem auch ein Bild von B. gezeigt wurde. Zusammen mit einem befreundeten Mithäftling H., der später noch gehört werden sollte, schmiedeten die beiden Mitgefangenen den Plan, B.´s Vertrauen zu erschleichen um den Mordfall Jenisa aufzuklären. B. war damals der Hauptverdächtige und einige Wochen in Untersuchungshaft, musste aber mangels Beweisen wieder auf freien Fuß gesetzt werden. K. sei auch Familienvater und betonte wie schrecklich es wohl sein müsse, mit der Ungewissheit um den Verbleib des eigenen Kindes leben zu müssen. Weiterhin versprach er sich eine Haftverschonung für den Fall der Aufklärung.

K. legte sich zusammen mit dem H. folgenden Plan zurecht: zunächst wollten sie B. vor weiteren Mithäftlingen schützen, da Kindermörder im Gefängnis den schwersten Stand hätten und Übergriffe nicht auszuschließen seien. Tatsächlich wurde B. vom Zellentrakt aus von anderen Mithäftlingen verbal bedroht. So sollen welche geschrien haben: "Häng dich auf!", "Mach dich weg!" oder auch: "Wir kriegen dich!". Den angebotenen Schutz konnten K. und H. gewährleisten, da sie zuvor andere Mitinsassen in ihre Pläne eingeweiht haben wollen, B. der Justiz "ans Messer zu liefern" für den Mord an Jenisa.

Sie gaben sich als skrupellose, kriminelle Organhändler aus, die beste Kontakte zu korrupten Rechtsanwälten hätten. Sie hätten weiterhin die Möglichkeit, mögliche DNA-Spuren verschwinden zu lassen, da gute Kontakte zum LKA bestünden. Auch wären sie in der Lage, Jenisas Leiche verschwinden zu lassen. Als Organhändler sei das normale Praxis, dafür habe man so seine Leute. Ein Star-Anwalt stände ebenfalls bereit, um ihn aus dem Verfahren um Dano "herauszuboxen". Es wäre aber sehr wichtig, dass Jenisas Leiche verschwinden müsse. Und die beiden könnten nur ihre "Maschinerie in Gang bringen", wenn B. vollumfänglich alle Details erzählt. Nur dann würde der Star-Anwalt aktiv werden können.

B. fing an, den beiden Mithäftlingen zu vertrauen und wurde langsam aber sicher redseelig. Er schildere K. und H. den Mord an Dano nun aus seiner Sichtweise. Er habe am Tattag mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin M. gegen 15.00 Uhr telefoniert und sich mal wieder mit ihr gestritten. Nach diesem Telefonat sei er wütend und aufgeregt gewesen. Zufällig habe er Dano vor dem Haus erblickt, ihn vom Balkon aus angesprochen und gefragt, ob er nicht mit seinem Sohn spielen wolle. Dano bejahte und B. zog ihn über den fast ebenerdigen Balkon herüber in die Wohnung. Hier machte er ihm den Fernseher an und erneut telefonierte er mit der M.. Wieder kippte die Stimmung und das Telefonat wurde beendet. B. sei nun noch wütender gewesen, während Dano offenbar festgestellt hat, dass sein Spielkamerad gar nicht in der Wohnung war. Dano sei nun frech geworden und habe ihn vor das Schienenbein getreten. B. habe ihm daraufhin eine wuchtige Ohrfeige versetzt, so dass Dano stürzte. Nun habe er Dano in das Schlafzimmer gezerrt, ihn in mehrere Bettlaken eingewickelt, das Antennenkabel des Fernsehers im Wohnzimmer aus der Wand gerissen und ihn damit im Wohnzimmer erdrosselt. Zuvor habe er ihm mehrere Schläge mit der Faust ins durch die Bettlaken bedeckte Gesicht und auch Tritte gegen den Kopf zugefügt. Als Dano sich nicht mehr regte und offenbar tot war habe er ihn ausgezogen um ihn anal zu penetrieren. Das habe aber nicht geklappt. Sein Penis sei nur mit der Eichel im Anus von Dano gewesen, dann habe er bereits einen Orgasmus bekommen und das Ejakulat auf den Boden gespritzt. Nun habe er auf der Leiche uriniert. Er habe Dano dann wieder angezogen, selbst ebenfalls seine Kleidung gewechselt und diese in einem öffentlichen Müllcontainer entsorgt.

Auf die Frage, warum er Dano getötet habe antwortete B. laut dem Zeugen: "Weil Dano Albaner ist. Er war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Wenn ein Albaner ermordet wird leiden ja schließlich alle Albaner mit".

K. und H. führten fortan immer wieder Gespräche mit ihm. 40-50 Gespräche seien es im Laufe der Zeit gewesen, kaum ein Gespräch hätte unter drei Stunden gedauert. Um ihn zu weiteren Details und Informationen zu bewegen stellten sie ihm in Aussicht, bald aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden, da man mögliche DNA-Spuren verschwinden lassen könnte. Im Gegenzug müsse B., wenn er wieder in Freiheit ist, für sie arbeiten und zwei Jahre lang kriminelle Organhandel-Kurierfahrten vom Iran nach Deutschland und zurück durchzuführen. B. fand gefallen daran und sagte zu. Die Gespräche wurden intensiver. Nicht zuletzt, weil K. und H. seinen Mord an Dano guthießen: "Klasse gemacht!".

Derart bestärkt wurde er immer offener und schilderte auch den Mord an Jenisa. Dieser sei geplant gewesen, da er die Familie seiner damaligen Lebensgefährtin M. leiden sehen wollte, denn diese seien für die ständigen Streitereien und auch der nachfolgenden Trennung von M. ursächlich verantwortlich. Er habe die Familie gehasst. "Mein Ziel ist es, die gesamte Familie der Reihe nach auszulöschen" habe er gesagt. Die erste geplante Tötung, das Opfer sollte Ferdi M. werden, sollte bereits 2006 erfolgen. Er sei mit Ferdi M. auf einen Sportplatz gefahren und hätte ein Messer dabeigehabt. Allerdings sei er vor der Tatausführung gestört worden, weil widererwarten Leute über den ansonsten ruhigen Sportplatz gingen.

Mit Jenisa sei er ein wenig herumgefahren um eine geeignete Stelle zu finden, wo er sie ermorden könne. Zunächst habe er in einer Pizzeria eine Pizza zum Mitnehmen gekauft und sei dann mit ihr an das Waldstück gefahren. "Ich habe nur ein Stück Pizza gekauft und ihr ein kleines Stück von meiner Pizza abgegeben. Sie sollte ja sowieso sterben, wieso also unnötig Geld ausgeben?" habe er geäussert.

Im Auto habe er ihr befohlen, sich auszuziehen. Als sie dies nicht wollte schlug er sie. Er habe sie dann vergewaltigt. "Es war das Geilste, was ich je im Leben erlebt habe" soll er gesagt haben. Er habe sie danach erwürgt und aus dem Auto in das nahe Gestrüpp gezogen. Da sie sich nach dem Erwürgen noch geregt habe nahm B. nach eigenen Angaben einen Baumstumpf und schlug so lange auf ihren Kopf ein, bis sie sich nicht bewegte. Anschließend bedeckte er ihre Leiche mit Ästen und Laub und fuhr nach Hause.

K. und H., die die Gespräche mit B. stets zusammen führten, fragten B. nun, ob er nicht Angst habe in den Fokus der Ermittlungen zu geraten, wenn er mehrere Menschen aus der Familie töten würde. B. habe geantwortet: "Ich habe 4 Töchter, da machts nichts aus, auf 3 zu reduzieren. Ich kann ja immer wieder neue Kinder machen!". Laut dem Zeugen K. sei er bereit, ein eigenes Kind zu töten, um als mutmaßlicher Verdächtiger dann in eine Opferrolle zu gelangen. Auf die Frage, welches seiner drei Mädchen er denn dann töten wolle, habe er geantwortet: "Die Älteste!".

Nun kommt es zu Tumulten im Gerichtssaal: Danos Mutter, die als Nebenklägerin ebenso wie ihr Mann anwesend war, springt auf und geht unter lautem Fluchen zunächst zur Tür. Sie drehte sich aber um und versuchte nun zu B. zu gelangen. Sie wurde von Justizbeamten daran gehindert, aus dem Gerichtssaal geführt und erlitt dort einen Weinkrampf. Nahezu zeitgleich versucht ein Familienmitglied aus der Zuschauerreihe durch Überwinden der Zuschauerbank zu B. zu gelangen. Auch diese Aktion wurde durch Polizeibeamte im Gerichtssaal verhindert und der Mann des Saales verwiesen.

Der Zeuge K. teilte mit, dass er bei allen Gesprächen Stichworte notiert und diese dann in seiner Zelle zu einem Geständnis zusammengeschrieben habe. Dieses Geständnis, so verkaufte man es B., sei eine Art "Sicherheit" für den Fall, dass B. seinen Verpflichtungen nach seiner Entlassung (sprich: seinem neuen Job als Organhändler) nicht nachkommen würde. B. unterzeichnete jede einzelne Seite und das Geständnis an sich. In der trügerischen Sicherheit, dieses Geständnis würde nie in die Hände der Polizei gelangen, da er ja bereits auf die Freiheit und seinen neuen Job freue.

Gegen 13.15 Uhr wurde nun der 2. Zeuge gehört: es handelt sich hierbei um den anderen Mithäftling namens  Manfred H. (49), der derzeit in der JVA Bielefeld in Haft sitzt. H. wurde ebenfalls zu den Äusserungen befragt, die B. in den zahlreichen Gesprächen mit ihm und K. geführt wurden in den Bezug auf die Morde an Dano und Jenisa. Die Schilderungen deckten sich mit denen des Zeugen K., wobei H. bezogen auf das Geständnis noch darauf hinwies, dass das eigenhändige Unterschreiben durch B. durch einen Beamten der JVA bestätigt werden könne. Dieser habe per Videoüberwachung den Vorgang beobachtet und H. danach darauf angesprochen, was B. denn dort alles unterschrieben hätte.

Der Zeuge H. befindet sich aufgrund der Schilderungen seither in psychologischer Behandlung und erhält entsprechende Medikamente. Er könne kaum mehr schlafen. Er sei selber Familienvater und es sei ihm sehr schwer gefallen, diese "Rolle" zu spielen.

Damit endete heute gegen 15.30 Uhr dieser Prozesstag. Am kommenden Montag werden die Plädoyers der Anklage und der Verteidigung erwartet.

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