Gegen
09.00 Uhr eröffnete der Vorsitzende Richter Korte die Verhandlung.
Erklärung
B., verlesen von der Rechtsanwältin (hier: Gedächtnisprotokoll)
B.
kam im Alter von 4 Jahren nach Deutschland und beschreibt seine
Kindheit als problematisch und gewaltbetont seitens seines Vaters. Er
habe ihn häufig mit einem Stock auf die nackten Fußsohlen
geschlagen und früh gelernt, dass es schneller vorbei sei, wenn er
nicht schreien würde. Das Verhältnis zu seiner Mutter bezeichnet er
hingegen als liebevoll. Beide Elternteile sind mittlerweile
verstorben.
B.
besuchte die Grundschule in Hiddenhausen, schloss die Schule in der
8. Klasse ohne Abschluss ab und war zweimal sitzengeblieben. Er hatte
mehrere Aushilfsjobs in einer Schlachterei, fiel bei verschiedenen
Umschulungsmaßnahmen stets durch. Zuletzt arbeite er von 2002-2007
in einem Schlachthof.
2004
lernte er Ribanna M. kennen und zog nach kurzer Zeit mit ihr
zusammen. Nach einer verbüßten Haftstrafe zog er wieder nach
Herford und zeugte mit der M. insgesamt 5 Kinder. Eine angedachte
Heirat scheiterte seinen Angaben zufolge an fehlenden Papieren.
Von
Beginn an sei die Familie der M. gegen die Beziehung gewesen. Er
habe mit der Familie häufig im Streit gelegen, vornehmlich wegen
Geld. Auch Ribanna und er haben immer wieder Konflikte gehabt und es
sei häufig zu verbalen Streitigkeiten gekommen. Letztlich habe sich
die M. von ihm getrennt und sei mit den Kindern nach Steinfurt
gezogen.
2-3
Tage hätten sie keinen Kontakt gehabt, dann habe B. mit ihr
telefoniert, um sie zurückzuholen. M. weigerte sich und erklärte,
die Beziehung sei definitiv beendet.
Am
14.03. habe es erneut ein Telefonat gegeben, in dessen Verlauf B. und
M. darüber gesprochen hätten, wann sie ihre Sachen aus der
gemeinsamen Wohnung in Herford abholen könne. Er habe gegen 14.00
Uhr erneut mit ihr telefoniert und im Verlauf des Telefonates heftig
mit ihr gestritten. Er sei erregt, wütend, verwirrt und verzweifelt
gewesen, als Dano gegen 15.00 an seiner Haustür klingelte. Dano habe
ihn auch schreien und weinen sehen und ihn ausgelacht.
Er
habe Dano nun den Mund zugehalten und ihm mit der rechten Hand
mindestens 10 mal ins Gesicht geschlagen, er habe daraufhin am Mund
geblutet. Damit ihn niemand hört habe er ihn nun in einen Bettbezug
gewickelt und solange zugedrückt, bis er keinen Puls mehr fühlen
konnte. Danach sei alles wie im Film abgelaufen. Er habe Danos Kopf
nun mit einem Kabel an das Gestänge des Trolleys festzurren wollen,
das Kabel sei allerdings gerissen.
Er
habe Dano ursprünglich in der Nähe der Bahnschienen ablegen wollen,
wurde dabei aber von einem zufällig vorbeifahrenden Radfahrer
gestört. So habe er ihn einige Hundert Meter weiter am späteren
Auffindeort abgelegt.
B.
betont, kein Geständnis gegenüber seinen Mitgefangenen abgegeben zu
haben. Vielmehr habe man ihm die diversen Blätter so zur
Unterschrift vorgelegt, so dass er den Inhalt der Blätter nicht
sehen konnte und darauf vertraute, dass es sich angeblich um diverse
Schreiben für einen Mietvertrag und Anwaltskorrespondenz handelte.
B.´s
Rechtsanwältin ließ Nachfragen zu dieser verlesenen Erklärung
nicht zu.
Erster
Zeuge: Herr Dr. Kager, 51j., Oberarzt der Rechtsmedizin Münster
Der
Zeuge Dr. Kager berichtete aus dem Obduktionsbericht. Dano sei
altersgerecht entwickelt gewesen. Todesursächlich war ein
Erdrosseln, weiterhin wurde stumpfe Gewalt gegen den Hals angewendet.
Der Hals wies ca. 5-7 mm breite Strangulationsmarken auf, es kam zu
Erstickungsblutungen sowie ein Blutstauungssyndrom im Kopfbereich.
Es wurde desweiteren ein Lungen- und Hirnödem diagnostiziert. Zwei
Schneidezähne wurden aufgrund offensichtlicher Gewaltanwendung
gelockert, ein Schneidezahn war ausgebrochen. Gefunden
wurden weiterhin hellrötige Hautverfärbungenan Gesäß und Unterarm
sowie pink-blaue Gummianhaftungen an Scheitel und Schläfe.
Auf
die Frage des Vorsitzenden Richters, ob das Obduktionsergebnis den
Aussagen zur Tat durch B. entspricht äusserte Dr. Kager: “Ich
habe aber Befunde, die in den Aussagen B. fehlen”. Nun wurden die
sichergestellten Asservate beurteilt. Das in B. sichergestellte Kabel
psst in Länge und Durchmesser von 4-5 mm zu den
Strangulationsfurchen, die Danos Hals aufwies. Die sichergestellten
DNA-Spuren bieten nur einen schwachen Beweis, da sie nicht in
ausreichender Menge vorhanden und eine biotechnische Überprüfung
nicht mehr möglich sei. Abstriche an Danos Leichnam ergaben keine
Spermaspuren und auch keine Fremd-DNA. Die Dauer der
Strangulationshandlung bis zum Eintritt des Todes wurde mit ca 1-2
Minuten beziffert.
Zweiter Zeuge: Herr Dr.
Porsendörfer, 46 J., Biologe u. Sachverständiger für DNA-Analysen
des LKA
Mit dem Zeugen wurden die
Asservate aus dem Lebensbereich des B. sowie von Dano erörtert.
Hierzu wurden die umfangreichen DNA-Auswertungen besprochen. Der
erste gefundene Trolley wies keine Zellspuren oder DNA-Spuren von
Dano oder B. auf und schied somit als Spurenträger und Beweismittel
aus. Auch am zweiten Trolley konnten weder an den Griffen, noch im
Innenraum DNA sichergestellt werden.
Entsprechende DNA-Spuren von
Dano und B. wurden allerdings an einer Kinderjeans der Größe 122,
dem Kapuzenshirt, der Ikea-Tasche sowie an drei Bettbezügen
sichergestellt werden. In einem Bettbezug fand sich ein gebrauchter
Kaugummi, der die Gummianhaftungen an Scheitel und Schläfe von Dano
erklären. An und unter den Fingernägeln von Dano wurde keine DNA
von B. Sichergestellt. An einem sichergestellten, olivfarbenen
Pullover B.´s wurden Blutspuren ermittelt, die aber nicht von Dano,
sondern von einer weiblichen Person stammen.
Dritter Zeuge: Ribanna M.,
28 J., Ex-Lebensgefährtin von B.
Eklat direkt zu Beginn der
Vernehmung: Frau M. hatte gerade erst auf dem Zeugensessel Platz
genommen und wurde zu ihren Personalien befragt, als sie quer zum
Angeklagten herüberschaute, sofort wieder aufstand und den
Gerichtssaal mit den Worten verließ: “Ich kann ihm einfach nicht
in die Augen schauen”. Der Vorsitzende Richter bat nun den
Zeugenanwalt, seine Mandantin wieder hereinzubitten. Nach kurzer Zeit
betrat Frau M. dann auch erneut den Gerichtssaal.
Die 28jährige Hausfrau hat mit
B. Zusammen 5 Kinder und ist kurz vor der Tat an Dano aus der
gemeinsamen Wohnung an der Berliner Str. In Herford mit dem Kindern
nach Steinfurt verzogen. Sie schilderte die Beziehung zu B. Wie
folgt: “Ich war 10 Jahre lang mit ihm zusammen – und es war eine
einzige Katastrophe. Ibo [so wurde der B. genannt, die Red.] hat mich
oft geschlagen und auch vergewaltigt. Ich habe ihn mehrfach
angezeigt, aber er bekam nur Bewährungsstrafen”.
Sie schilderte, wie sie ihre
Sachen aus der einst gemeinsamen Wohnung abholen wollte. Der Zustand
der Wohnung sei sehr dreckig gewesen. Ihr sei aufgefallen, dass der
große Teppich im Wohnzimmer fehlte. B. erklärte ihr dazu, dieser
sei durch eine umgestoßene Colaflasche dreckig geworden und befände
sich daher auf dem Balkon. Der M. fiel auf, dass die Wohnung an
sich unaufgeräumt und dreckig, der Boden aber offensichtlich frisch
gewischt worden und sauber sei.
Frau M. gibt an, seit dem
01.03.2014 in Steinfurt zu wohnen. B. wollte ihren Angaben zufolge
nach Steinfurt nachkommen, was sie allerdings strikt ablehnte, da die
Beziehung für sie beendet sei. Am 14.03.2014 kam es dann zu einem
Telefonat, in dem erneut darüber gestritten wurde. Erneut machte
M. ihm klar, dass er keine weitere Chance von ihr erhalten werde.
“Mach das nicht, sonst passiert was!” soll B. geäussert haben.
Als M. sich davon nicht beeindrucken ließ äusserte er nach ihren
Angaben: “Ich drehe gleich durch, du altes Miststück!”
“Ibo war von Anfang an nicht
normal. Immer, wenn er wütend war, machte er etwas kaputt: einmal
zerstörte er sein Handy, ein anderes Mal zerstörte er mit einem
Holzstil wie von Sinnen den hochwertigen LCD-Fernseher. “.
Das Gericht wollte nun wissen,
wie das Verhältnis von M. Familie zu B. gewesen sei. M.
berichtet, dass ihre Familie ihn nicht mochte, weil er Türke sei.
Auch habe er das in Romakreisen übliche Brautgeld nicht bezahlt. Er
wollte aufgrund von Geldmangel monatlich 150.- EUR zahlen, tat dies
aber nur ein einziges Mal und danach nicht mehr. Als ein Streit mit
der Familie wieder einmal eskalierte drohte B.: “Ich werde noch
Trauer in die Familie bringen. Und wenn ich wieder draußen bin dann
mache ich euch alle fertig!”.
Nun wollte die Rechtsanwältin
B.´s der Zeugin einige Fragen stellen, was diese kategorisch
ablehnte. Vom Gericht ermahnt äusserte sie sich nur zögerlich und
nicht inhaltsvoll zu Nachfragen. Immer häufiger sagte sie nun, sie
wisse dies oder das nicht mehr. Auch die Tatsache, dass sich die
älteste Tochter H. Nicht mehr von B. von der Schule abholen lassen
wollte. M. habe aber nie nachgefragt, warum dem so sei – und
falls doch, dann habe sie das wohl inzwischen vergessen.
Ob sie sich vorstellen könnte,
dass B. sexuelle Absichten mit Kindern haben könnte verneinte sie.
Nein, das könne sie sich eigentlich nicht vorstellen. Zumindestens
nachts kann es aber ihrer Meinung nach nicht zu Übergriffen gekommen
sein, da B. im Wohnzimmer und M. mit den Kindern im Ehebett
geschlafen habe.
Der ansonsten sehr gefasste,
fast schon cool wirkende B. fing während der Zeugenaussage der M.
immer wieder an zu weinen und wischte sich mit dem Taschentuch
verstohlen die Tränen aus den Augen. Nachdem M. den Zeugenstand
allerdings verlassen hatte schaute er wieder stur vor sich hin und
zeigte keinerlei Gefühlsregungen mehr.
Vierter Zeuge: Herr KHK
Wittopp, 58 J., Leiter der Mordkommission Dano
Herr Wittopp berichtet darüber,
dass nach der Öffentlichkeitsfahndung nach Dano rund 400 Hinweise
aus der Bevölkerung eingegangen seien, die systematisch abgearbeitet
wurden. Durch einen Zeugenhinweis geriet B. sehr schnell in den Fokus
der Ermittlungen, da auch der Vermisstenfall Jenisa nun wieder eine
Rolle spielt. B. saß wochenlang in Untersuchungshaft, weil er als
Täter galt, die Tat konnte ihm aber nicht nachgewiesen werden, da zu
dem Zeitpunkt Jenisas Leiche noch nicht gefunden wurde.
Es wurden die zeitlichen Abläufe
und Observationsergebnisse mit der Faktenlage abgeglichen.
Schließlich wurde B. festgenommen und legte ein Geständnis ab.
Fünfter Zeuge: Polizeibeamter
G., 43 J., Mordkommission Dano
Der Polizeibeamte wurde, wie im
ersten Termin sein Kollege F., zu der ersten Vernehmung B.´s nach
seiner Verhaftung befragt. Die getroffenen Aussagen decken sich mit
denen seines Kollegen F., so dass die Zeugenvernehmung keine neuen
Erkenntnisse brachte.
Gegen 15.00 Uhr fand dieser 2.
Prozesstag sein Ende. Morgen geht es weiter.
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